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Fehler im Projekt

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Fehler im Projektmanagement

Die Suche nach dem Schuldigen

Fehler sind ärgerlich!
Fehler sind dumm – vor allem die Fehler von Anderen!
Fehler sind unvermeidlich!

Und wenn Fehler im Projekt unvermeidlich sind, wie komme ich dann mit ihnen klar? Wenn ich etwas nicht ändern kann, kann ich die eigene Einstellung zu ihnen ändern, etwa so:
Fehler sind wertvoll!
Fehler zeigen Intelligenz, vor allem meine eigenen!
Fehler sind immer noch unvermeidlich, und das ist gut so!

Von der Evolution lernen!

Der größte Fehlerverwertungsprozess, den wir kennen, ist die Evolution. Die macht Fehler am laufenden Band, aber trotzdem kommt schließlich doch was Gutes dabei heraus, wie Gänseblümchen oder Igel. Wie macht sie das?

Wie gesagt, sie macht Fehler, jedes Mal, wenn ein neues Lebewesen das Licht der Welt erblickt, ist ein neuer Fehler drin. Und wenn man dann das Lebewesen – das mit dem  Fehler – auf die Welt los lässt, dann zeigt sich manchmal, dass es viel besser passt als das ohne Fehler. Denn die Welt ist sehr groß und hält viele Nischen für Lebewesen bereit. Und manchmal passt das mit dem Fehler besser als das ohne, und bald gibt es nur noch solche mit dem Fehler, und das nennt man dann biologische Weiterentwicklung.

Verständlich, oder? Haben wir ja schon in der Schule gelernt. Aber was hat das jetzt mit Fehlern in einem Projekt zu tun?

Die Suche nach dem Schuldigen

Also, nehmen wir an, in einem Projekt tritt ein Fehler auf. Erst einmal fällt er nicht auf, kann vertuscht werden, aber dann zeigt er seine ganze hässliche Fratze. Es wird klar, der Fehler wird Geld kosten. Also macht man sich auf die Suche nach dem Schuldigen.

Aus Gründen, die ich an anderer Stelle beschrieben habe, ist ein Projekt komplex und zeigt somit auch ein chaotisches Verhalten. Eine Folge davon ist, dass es keine eindeutige Ursache-Wirkungs-Kette gibt, also auch keinen eindeutig Schuldigen. In unserem Projekt haben sich aber bald alle – nach dem Motto „Lass diesen Kelch an mir vorübergehen“ – auf einen Schuldigen geeinigt. Denn man braucht einen, eine Wirkung muss immer eine Ursache haben, sonst wäre das unlogisch, und unlogisches ertragen wir nicht. Der Schuldige, mag er sich noch so sehr wehren, wird also demokratisch bestimmt. Und alle sind glücklich und machen weiter wie bisher. Bis auf den Schuldigen, natürlich, der darf nicht mehr mitspielen.

Und der Fehler? Ach ja, der ist ja auch noch da! Na, egal, wir werden schon einen Würg-Around finden, wenn wir dann mal Zeit haben, machen wir auch noch einen Change.

Nach der Bestrafung des „Schuldigen“ wird jeder vor allem damit beschäftigt sein, die Schuld von sich zu weisen und möglichst einem Anderen in die Schuhe zu schieben. Und keiner wird mehr einen Fehler zugeben oder auch nur melden, denn er hat ja gesehen, wie gefährlich das ist. Und jeder wird Angst haben. Angst ist aber ein Gefühl, das produktives Arbeiten unmöglich macht. Mit Angst erreichen Sie, dass Menschen etwas nicht machen, aber keinesfalls, dass Menschen etwas machen. Also, kein guter Weg!

Wie geht es besser?

Und was zeigt uns die Story? Fehler sollten wohl erst einmal beseitigt werden, die Suche nach dem Schuldigen bringt uns nichts. Im Gegenteil, sie erzeugt nur Sündenböcke, die mit dem Fehler meist nichts zu tun haben, Bauernopfer um vom eigenen Versagen abzulenken.

Und wie machen wir es besser? Vielleicht so:
Wenn ein Fehler auftritt, dann nennen wir ihn auch einen Fehler! Was ist, darf sein!
In welchem Umfeld, unter welchen Randbedingungen ist der Fehler passiert?
Wie kann ich das Umfeld so ändern, dass Fehler weniger wahrscheinlich werden?
Fehlt etwas? Ist etwas zu viel?

Vor allem denken Sie daran:
Je früher ein Fehler bemerkt wird, umso weniger Schaden kann er anrichten. Fehler werden zu Erfahrungen. Ein Fehler, der sich im Projekt zeigt und bereinigt wird, tritt beim Kunden nicht mehr auf. Also bestrafen Sie nicht diejenigen, die Sie vor (möglichen) Fehlern warnen, bestrafen Sie die, die es unterlassen! Ich weiß, Kassandra ist schwerer zu ertragen als ein optimistischer „Alles-Wird-Gut“-Jüngling, aber hätte man auf Kassandra gehört, würde Troja noch heute stehen!

Autor: Roland Scherer

Roland Scherer, Jahrgang 1951, Buchautor, systemischer Personal und Life-Coach. Ausbildung und Zertifizierung zum Psychologischen Berater und Coach. Sein Schwerpunk liegt auf lösungsfokussierte Gesprächsführung, systemisches Denken und Handeln und Aufstellungen. Er praktiziert seit Jahren im Rahmen der Begleitung seiner Klienten Systemische Aufstellungen, wobei er die Systemische Struktur-Aufstellung nach Insa Sparrer und Mathias Varga von Kibéd als besonders hilfreich erfahren hat.

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