Wie geht gute Führung

Wie geht gute Führung

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Schon wieder das Thema Führung! Haben wir nicht schon genug darüber gesprochen? Haben wir nicht schon alles abgegrast, was es dazu zu schreiben gibt?

Nein, haben wir nicht! Denn gute Führung ist nichts, was man einmal lernt, es ist eine Haltung, und eine Haltung muss verinnerlicht werden. Es reicht nicht, es einmal zu hören. Es muss vom Kopf in den Bauch gehen. Wie mein Großvater zu sagen pflegte: „Wiederholung ist die Mutter der Weisheit!“ Und außerdem – ich lerne auch dazu und stelle immer neue Aspekte des Themas dar.

Wie erkennen Sie schlechte Führung?

Sie gehen zum Chef, weil Sie ein Problem haben. Die Lösung dieses Problems liegt außerhalb Ihrer Kompetenz. Sie erreichen den Chef zwischen Tür und Angel. Er hat keine Zeit, er ist nur mal kurz zwischen zwei Besprechungen anwesend und drängelt: „Ich weiß, wir hatten einen Termin, aber mir ist eine Besprechung hereingedrückt worden. Ich habe nicht viel Zeit. Also, worum geht’s?“ Sie hatten ihm das Problem schon in einer E-Mail geschildert, aber er hatte wohl keine Zeit, diese zu lesen. Sie schildern das Problem noch einmal. Und dann kommt seine geniale Antwort: „Ich will Lösungen hören, keine Probleme. Lassen Sie sich eine kreative, zielführende Lösung einfallen!“ Und weg ist er.

Sie hatten eine konstruktive Diskussion erwartet, die in die Lösung Ihres Problems mündet, oder wenigstens in die Festlegung der nächsten Schritte. Sie hatten sich Kommunikation und gute Führung erwartet. Eben das, was die Aufgabe eines Chefs ist. Jetzt sind Sie so schlau wie vorher.

Wie sieht es in den Firmen aus?

Jeder zweite Mitarbeiter ist unzufrieden mit den Führungsqualitäten seines Chefs. Und dabei halten sich 85 % der Chefs für eine gute Führungskräfte. Da klaffen die Vorstellungen wohl weit auseinander. Das sie auseinanderklaffen, liegt in der Natur der Sache: Mitarbeiter erwarten sich immer mehr von ihren Chefs, als diese leisten können. Aber dass die Vorstellungen so weit auseinandergehen?

Ich will nicht an dem allgemeinen Chef-Bashing teilnehmen. Chefs wissen es oft nicht besser, und der Druck auf sie ist enorm. Die meisten sind aufgestiegen, weil sie gute Fachkräfte waren. An ihre Weiterbildung in Richtung Führung hat niemand gedacht. Deshalb kümmern sie sich im Kontakt mit ihren Mitarbeitern mehr um die Sach- als um die Beziehungsebene, weil sie von der in der Regel wenig Ahnung haben. Fachlich sind sie gut, das bestreiten auch ihre Mitarbeiter selten. Und deshalb schreiben sich die Chefs den Erfolg ihres Teams selbst zu, obwohl der manchmal nicht wegen, sondern trotz des Chefs zustande kommt.

Sie wissen außerdem, wer über ihren weiteren beruflichen Erfolg entscheidet: Ihr eigener Chef. Deshalb kümmern sie sich mehr um ihren Chef und ihre direkten Konkurrenten, ihre Kollegen auf der gleichen Führungsebene.

Was verlangen Mitarbeiter?

Man hört von den Chefs immer wieder: „Ich bin nicht der Therapeut meiner Mitarbeiter!“ Das stimmt, aber als Vorgesetzte sind sie für den Erfolg des Unternehmens mit verantwortlich. Und der steht und fällt mit leistungsbereiten Mitarbeitern.

Mitarbeiter sind in der Regel leistungsbereit. Sie verbringen viel Zeit in der Firma, und die wollen sie sinnvoll verbringen. Mangel an Wertschätzung und in der Kommunikation bremst diese Leistungsbereitschaft allerdings bis zum „Dienst nach Vorschrift“ herunter. Die Mitarbeiter wollen zumindest ernst genommen werden.

Es wurde festgestellt, dass folgende Punkte die Mitarbeiter ausbremsen und sogar zu Herz- Kreislauferkrankungen führen können. Beides kann für Unternehmen ausgesprochen teuer werden.

  • Mangelnde Wertschätzung des Mitarbeiters als Mensch
  • Mangelnde Anerkennung seiner Leistungen
  • Mangelnder Handlungsspielraum und mangelnde Entscheidungsbefugnisse
  • Dabei aber eine hohe Verantwortung über das Ergebnis

Mitarbeiter wissen, was ihnen schadet und vermeiden das. Denn ihre gesunde Arbeitskraft ist alles, was sie zu verkaufen haben.

Die Uni St. Gallen hat eine Untersuchung mit 15.000 Mitarbeitern in knapp 100 Unternehmen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass sich bei gut geführten Mitarbeitern das Wohlbefinden zu 30 % steigert, das Engagement zu 20 % und das Geschäftsergebnis zu 15 %. Gleichzeitig sinken das Gefühl der Resignation, die Kündigungsabsichten und das geschäftsschädigende Verhalten um über 60 %. Sie sind als Chef nicht der Therapeut Ihrer Mitarbeiter? Klar nicht, aber ein um 15 % besseres Geschäftsergebnis ist doch ein Wort, oder? Und alles nur, weil Sie inspirierend führen und weil Ihnen neben den Zielvorgaben auch das Wohl der Mitarbeiter wichtig ist. Kurz gesagt, weil Sie gut führen.

Was gehört zur guten Führung?

Zu einer guten Führung gehört eine gute Kommunikation: klar, transparent und wertschätzend. Außerdem ein differenziertes, regelmäßiges und wohlwollendes Feedback. Und Firmenvisionen müssen für Mitarbeiter verständlich übersetzt werden, damit diese sich mit dem Unternehmen identifizieren können. Außerdem sollten Mitarbeiter in ihrem Fachgebiet möglichst eigenverantwortlich arbeiten können.

Und dann sollte der Chef bei Bedarf zur Unterstützung bereit stehen, weil er selbst für das Thema brennt. Und wenn er wirklich gut führt, hat er auch noch die körperliche und geistige Gesundheit seiner Mitarbeiter im Blick. Das heißt auch, dass er Mobbing sofort abstellt und Bossing für ihn kein Führungsinstrument ist.

Denn viel zu oft werden die Leistungsbereitschaft und die Teamfähigkeit der Mitarbeiter ausgebremst. Gibt es in einer Abteilung einen schlechten Mitarbeiter, sollte man sich um ihn kümmern. Gibt es aber viele schlechte Mitarbeiter, sollte man sich um den Chef kümmern. Denn Führung kann nicht von oben verordnet werden, Führung entsteht durch die Anerkennung der Geführten. Leider ist es aber so, dass bei Problemen eher die Mitarbeiter gehen müssen als der Chef. Denn es wird nicht dessen mangelnde Führungsleistung gesehen, sondern nur seine Loyalität gegenüber seinem nächsthöheren Chef.

Fazit

Sie haben sich also fest vorgenommen, gut zu führen. Und dann merken Sie: Führung braucht Zeit. Damit Ihre Vorsätze nicht im hektischen Alltag unter gehen, blockieren Sie sich Zeiten in Ihrem Kalender, die ganz Führungsmaßnahmen gewidmet sind. Nehmen Sie sich Zeit für Ihre vornehmste Aufgabe. Besuchen Sie Ihre Leute, schauen Sie, wo sie stehen, interessieren Sie sich! Aber versuchen Sie nicht, Interesse zu heucheln, das fällt auf.

Wenn Sie Führung als wertschöpfende Tätigkeit erkannt haben, sehen Sie auch ihre Wichtigkeit. Und Führung ist erlernbar. denn sie ist nur zu einem geringen Teil Begabung, das meiste ist Übung, guter Wille und Mut, auch einmal gegen den Strom zu schwimmen.

Es lohnt sich außerdem für Ihr weiteres berufliches Vorwärtskommen, Führung zu erlernen. Erwarten Sie nicht, dass Ihre Firma Sie in Punkto Führungsverhalten weiterbildet. Das Geld und die Zeit, die Sie selbst in Führungscoaching stecken, ist im Sinne ihrer Karriere gut angelegt.

Autor: Roland Scherer

Roland Scherer, Jahrgang 1951, Buchautor, systemischer Personal und Life-Coach. Ausbildung und Zertifizierung zum Psychologischen Berater und Coach. Sein Schwerpunk liegt auf lösungsfokussierte Gesprächsführung, systemisches Denken und Handeln und Aufstellungen. Er praktiziert seit Jahren im Rahmen der Begleitung seiner Klienten Systemische Aufstellungen, wobei er die Systemische Struktur-Aufstellung nach Insa Sparrer und Mathias Varga von Kibéd als besonders hilfreich erfahren hat.

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