Lösungsfokussiertes Denken hilft bei der Ideenfindung auch im Projektmanagement

Lösungsfokussiertes Denken hilft bei der Ideenfindung auch im Projektmanagement

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Ideen und Kreativität im Projektmanagent lösungsfokussiert entdeckenNehmen wir an, wir haben ein Problem – Entschuldigung, heute heißt das natürlich eine Herausforderung. Nichtsdestotrotz, es zwickt uns gewaltig, wir brauchen schnell ein paar Ideen oder noch besser die eine, zündende Idee, um die Chose wieder ins Rollen zu bringen. Und was machen wir? Wir denken über das Problem nach. Wir grübeln, wie wir das Problem lösen können.

Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, ein Problem eine „Herausforderung“ zu nennen? Natürlich war das ein Psychologe, in dem durchaus lobenswerten Bestreben, uns zu helfen, das Problem nicht als Damoklesschwert zu sehen. Solange wir das Damoklesschwert voller Angst anstarren, können wir nicht vernünftig nachdenken. Der neue Name soll uns also die Angst nehmen. Was aber, wenn uns jemand klar macht, dass unsere berufliche Zukunft von unseren Ideen zur Lösung dieser Herausforderung abhängt? Dann können wir sie auch „Norpel“ nennen, oder „Knurps“, sie bleibt ein Damoklesschwert. Das Ziel der Umbenennung ist trotzdem lobenswert: Weg vom Problem, hin zur Lösung!

Die Lösung von Problemen erfordert neue Methoden

Schon Einstein hat gesagt, dass wir ein Problem nicht mit der selben Methode lösen können, mit der es entstanden ist. Wenn wir über das Problem nachdenken, doktern wir an Symptomen herum, wir finden die Lösung des Übels nicht. Wir müssen also nicht vom Problem her denken, sondern von der Lösung. Und da kann uns die lösungsfokussierte Kurztherapie von Steve de Shazer und seiner Frau Insoo Kim Berg wertvolle Hinweise liefern.

Therapie? Was haben unsere beruflichen Probleme mit Therapie zu tun? Eine Menge, Psychologen haben den ganzen Tag mit Menschen zu tun, die so tief in ihren Problemen verstrickt sind, dass sie keinen Weg mehr aus ihrer Misere finden. Die Psychoanalyse – Freud und seine Schüler – hat versucht, die Probleme zu lösen, indem sie mit den Patienten zusammen die Ursachen der Probleme gesucht hat. Die Idee dahinter: Habe ich die Ursache des Problems gefunden, ist es gelöst. Der Ansatz ist aber für Probleme im beruflichen Umfeld kaum brauchbar. Zum einen, wenn wir die Ursache kennen, fängt die Arbeit erst an. Denn die meisten Probleme sind von Menschen verursacht, wir müssen diese also dazu bringen, ihr Verhalten grundlegend zu ändern. Zum anderen hat eine Wirkung in einer volatilen Welt meist viele Ursachen, die noch nicht einmal eindeutig zu klären sind. (Ich habe das an vielen anderen Stellen schon erklärt.) Eine einfache Ursache-Wirkungs-Kette werden wir also vergeblich suchen. Deshalb dauern übrigens auch Psychoanalysen Jahre und führen nicht immer zum gewünschten Erfolg.

Das lösungsfokussierte Denken

Also, schauen wir uns das lösungsfokussierte Denken ruhig einmal etwas näher an. Die Idee dahinter ist, so zu tun, als sei das Problem schon gelöst und dann die Auswirkungen der Lösung zu ergründen. Betrachtet man diese näher, kann man auf die Lösung zurückschließen. Eigentlich eine zündende Idee. Man umgeht den ganzen steinigen Weg vom Problem zur Lösung.

Die Idee ist einfach, aber die Ausführung ist durchaus herausfordernd. Wir brauchen jemand, der uns gekonnt weismacht, wir hätten die Lösung schon. Bei der Therapie ist das natürlich der Therapeut, bei unserem Problem muss das ein einschlägig ausgebildeter Coach sein, oder jemand, der das lösungsfokussierte Verfahren beherrscht. Gleichzeitig soll und darf dieser keine Fachkenntnisse über unser Problem haben. Zumindest muss er sie gut, auch vor sich selbst verstecken, sonst klebt er wie die Fliege am Honig auch am Problem fest. Er darf nur Fragen stellen, keine Aussagen machen und keine Ratschläge geben.

Nun ist jeder der Meinung, je besser sich jemand in der Materie auskennt, umso intelligentere Fragen kann er stellen. Das ist durchaus richtig, wenn es um fachliche Fragen geht. Der Coach aber soll keine fachlichen Fragen stellen. Er soll den Prozess mit seinen Fragen lenken, ist also nicht der Experte für das Thema. Er ist Experte für den Prozess, der zur Lösung führt und er ist fest davon überzeugt, dass die Fachleute, die er fragt, die Lösung kennen, sie aber „vergessen“ haben, dass sie den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen.

Hier ist der Unterschied zu einer technischen Entwicklung zu sehen. Bei dieser brauche ich Fachleute, die den Prozess Schritt für Schritt vorwärts treiben. Das ist ein grundsätzlich anderes Vorgehen als bei einem Problem, bei dem niemand die Richtung sieht, in der die Lösung liegt. Wenn zu dieser Ratlosigkeit Angst hinzukommt, haben wir das selbe Problem wie ein Kaninchen, wenn es von der Schlange angestarrt wird. Es kann sich nicht mehr bewegen und findet keinen Weg aus seinem Dilemma.

Fachfremde helfen Fachleuten

Aber noch einmal: Kann ein solcher „Fachfremder“ überhaupt sinnvolle Fragen stellen? Ja, er kann! Und wer einen solchen Prozess einmal mitgemacht hat und sich auf ihn eingelassen hat, wird Ihnen bestätigen, dass scheinbar simple Fragen zu Denkprozessen führen, die schließlich die Lösung generieren. Die Lösung hat nämlich in der Regel nichts mit dem Problem zu tun, außer, dass sie das Problem verschwinden lässt. Der Coach wird vielleicht auch fachliche Fragen stellen, aber er will Ihre Antworten überhaupt nicht verstehen. Allerdings wird er so lange weiterfragen, bis er den Eindruck hat, dass Sie selbst Ihre Antworten verstehen. Und manchmal wird er gar nicht verstehen, was er sie fragt. Das ist überhaupt nicht schlimm, solange Sie es wissen. Und er wird solange weiterfragen, bis Sie zum Kern der Sache vorgestoßen sind. Das erkennt er nicht selbst, er erkennt nur, dass Sie es erkannt haben.

Wie das genau geht und was der Coach machen muss und welche Überzeugungen er verinnerlicht haben muss, kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht erklären. Darüber sind dicke Bücher geschrieben worden, und vor allem hat der Coach das Vorgehen immer wieder geübt. Steve de Shazer hat über seine Frau immer gesagt, sie könne und wolle ihr Vorgehen bei einer solchen Therapie nicht genau begründen. Ihre Fragen seien aber immer richtig, weil zielführend. Er habe von ihr sehr viel gelernt. Also: Die Praxis macht es, auch wenn sie natürlich von der Theorie unterfüttert sein muss. Ich kann Ihnen nur raten: Trauen Sie sich! Behandeln Sie ihre Probleme einmal ganz anders, lösungsfokussiert eben. Es wird nicht immer klappen, aber immer öfter und vor allem nachhaltiger als mit anderen Methoden.

PS: Ich plane ein Seminar über die lösungsfokussierte Fragetechnik zur Ideenfindung, bin allerdings erst in der Vorbereitungsphase. Sind Sie daran interessiert, Kollegen aus der Problemfalle herauszuhelfen, auch wenn Sie kein Coach sind und nie einer werden wollen? Sind Sie bereit, neu zu denken und anderen zu neuem Denken zu verhelfen? Ich freue mich auf Ihr Feedback.

Autor: Roland Scherer

Roland Scherer, Jahrgang 1951, Buchautor, systemischer Personal und Life-Coach. Ausbildung und Zertifizierung zum Psychologischen Berater und Coach. Sein Schwerpunk liegt auf lösungsfokussierte Gesprächsführung, systemisches Denken und Handeln und Aufstellungen. Er praktiziert seit Jahren im Rahmen der Begleitung seiner Klienten Systemische Aufstellungen, wobei er die Systemische Struktur-Aufstellung nach Insa Sparrer und Mathias Varga von Kibéd als besonders hilfreich erfahren hat.

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