Die passende Führung

Die passende Führung

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Fuehrungsverhalten
Immer den gleichen Führungsstil zu verwenden, ist schädlich. Es gibt verschiedene Führungsstile und Führungsverhalten, die man situativ anwenden sollte. Welchen man nutzt, muss vom Geführten abhängen, aber es wird immer auch die Persönlichkeit und das bevorzugten Verhalten des Führenden eine wesentliche Rolle spielen. In meinem Buch „Projekte sind auch nur Menschen“ bin ich näher darauf eingegangen, ich möchte es hier nur noch einmal kurz zusammenfassen. Danach gehe ich auf die Einteilung des Führungsverhaltens ein, wie es die CEO-Coach Kim Scott vorgeschlagen hat.

Der vom Geführten abhängige Führungsstil

Es ist sinnvoll, den Führungsstil an den Kenntnisstand, das Können und die Erfahrung des Geführten anzupassen:

  • Bei geringem Können ist Vormachen und Anweisen angebracht. Ein hoher (Steuerungs-)Aufwand ist notwendig, denn es besteht die Gefahr, dass der Mitarbeiter sich überschätzt.
  • Begrenztes Können erfordert Training, denn der Mitarbeiter weiß zwar schon einiges, hat aber noch nicht genug Erfahrung. Er muss motiviert werden, denn gerade in dieser Phase ist die Frustrationsgefahr hoch.
  • Haben wir einen qualifizierten Mitarbeiter vor uns, reicht bedarfsgerechte Unterstützung und motivierende Anerkennung. Wir müssen darauf achten, diese guten Mitarbeiter nicht zu überlasten.
  • Hochqualifizierten, selbstständigen Mitarbeitern dürfen und müssen wir Aufgaben nur delegieren. Jede darüber hinausgehende Führung wäre demotivierend. Der Mitarbeiter wird durch Dank bestärkt und motiviert. Wir müssen allerdings daran denken, dass auch diese Mitarbeiter nicht auf allen Gebieten hochqualifiziert sind. Es mag Gebiete geben, in denen sie anders geführt werden müssen, um sie nicht zu überfordern.

Der von der Persönlichkeit des Führenden abhängige Führungsstil

Man sollte sich selbst nicht „verbiegen“ müssen, nur um einen bestimmten Führungsstil anzuwenden. Wenn er nicht zur Persönlichkeit des Führenden passt, ist dessen Führung suboptimal.

  • Der Patriarch ist der Herr im Haus, sein Führungsstil ist geprägt von Autorität und Güte. Doch ein echter Dialog mit ihm ist nicht möglich, die Kommunikation läuft von oben nach unten.
  • Der Charismatiker erreicht durch seine persönliche Ausstrahlung Begeisterung bei seinen Mitarbeitern. Aber auch hier fehlt die Kommunikation.
  • Der Autokrat setzt auf Strenge und Gehorsam, er weist eher an als zu führen. Er strahlt Autorität aus und besitzt Fachwissen, allerdings kann er seine Mitarbeiter kaum begeistern.
  • Der Bürokrat führt über vorgeschriebene Abläufe und Regeln. Er erreicht bei seinen Mitarbeitern eine hohe Effektivität, allerdings werden die Abläufe nicht hinterfragt. So mangelt es an Flexibilität und Effizienz.

Wir werden natürlich nie einen Führungsstil in Reinform finden, jeder wird mehr oder weniger Anteile des einen oder anderen haben.

Führungsverhalten

Den eigenen Führungsstil zu ändern ist fast unmöglich, denn dazu müsste man die eigene Persönlichkeit ändern, was nur langsam und mit großem Aufwand möglich ist. Was man aber ändern kann, ist das Führungsverhalten, denn ein Verhalten ist leichter abzulegen als einen persönlichen Stil.

CEO-Coach Kim Scott hat vier verschiedene Führungsverhalten gefunden, die sie zweidimensional beschreibt (siehe Grafik). Die Dimensionen sind: die Zuwendung, die der Vorgesetzte bereit ist, seinen Mitarbeitern zukommen zu lassen und die Direktheit des Kommunikationsstils, den er pflegt. Sie nennt das „herausfordernde Direktheit“.

Sie geht dabei von zwei Einschärfungen aus, das sind Ge- oder Verbote, die wir in der Kindheit unbewusst gelernt haben.  Sie beeinflussen bis ins Erwachsenenalter unser Führungsverhalten, und sie schränken wie jede Einschärfung die Bandbreite unseres Verhaltens ein. Sie lauten, in die deutsche Kultur übertragen:

  • „Sei nett, halte Dich mit Kritik zurück!“
  • „Sei professionell, gib Deine Emotionen am Werkstor ab.“

Daraus leiten sich die vier Führungsverhalten ab, von denen drei zwar häufig angewendet, aber ineffektiv und destruktiv sind. Das vierte findet man nicht sehr häufig, obwohl es zielführend ist.

  • Unerträgliche Aggressivität: Niedrige Zuwendung, hohe Direktheit
    Dieses Verhalten führt vielleicht kurzfristig zu guten Resultaten, langfristig „pflastern aber Leichen seinen Weg“. Es folgt konsequent der zweiten Einschärfung, kann aber kurzfristig zur Beherrschung von Katastrophen und Paniksituationen notwendig sein.
  • Nachteiliges Mitgefühl: Hohe Zuwendung, niedrige Direktheit
    Das Verhalten folgt konsequent der ersten Einschärfung. Es führt zur Unverbindlichkeit und zu Ungerechtigkeiten, denn es versucht, niemanden zu verletzen und somit auch Fehlverhalten nicht zu tadeln. Der Vorgesetzte führt nicht, er versucht sich bei seinen Mitarbeitern „lieb Kind“ zu machen.
  • Manipulative Unaufrichtigkeit: Niedrige Zuwendung, niedrige Direktheit
    Beide Einschärfungen werden befolgt. Der Vorgesetzte sucht entweder seinen politischen Vorteil oder er ist es satt, sich um irgendjemanden zu kümmern, sich für jemanden einzusetzen oder mit jemandem zu streiten.
  • Radikale Offenheit: Hohe Zuwendung, hohe Direktheit
    Das einzige Verhalten, bei dem die Einschärfungen keine Rolle spielen. Bei diesem Verhalten sorgt die Führungskraft für ihre Mitarbeiter, fordert sie aber gleichzeitig heraus. Dieses Verhalten ist selten, aber sehr zielführend und, trotz hohen Anforderungen, sehr mitarbeiterfreundlich.

So wünschenswert es auch ist, man wird diesem vierten Verhalten leider nicht immer folgen können. Man kann mit diesem Schema aber leichter abschätzen, was passiert, wenn man Fehler in der einen oder anderen Richtung macht.

Fazit

Denken Sie immer daran, (gelingende) Führung ist eine Frage der Persönlichkeit. Sie kann nicht gelernt werden, wohl aber achtsam ausgeübt und immer wieder geübt werden. Mit der Zeit wird jeder besser, wenn er sich bemüht, aber das geht leider nicht von heute auf morgen. Eine gute Führungskraft ist bereit, sich selbst immer wieder zu beobachten, ihre Schwachpunkte zu erkennen, ihren blinden Fleck zu minimieren und ihre Einschärfungen und Glaubenssätze zu bearbeiten. Ich begleite Sie gern auf diesem Weg.

Autor: Roland Scherer

Roland Scherer, Jahrgang 1951, Buchautor, systemischer Personal und Life-Coach. Ausbildung und Zertifizierung zum Psychologischen Berater und Coach. Sein Schwerpunk liegt auf lösungsfokussierte Gesprächsführung, systemisches Denken und Handeln und Aufstellungen. Er praktiziert seit Jahren im Rahmen der Begleitung seiner Klienten Systemische Aufstellungen, wobei er die Systemische Struktur-Aufstellung nach Insa Sparrer und Mathias Varga von Kibéd als besonders hilfreich erfahren hat.

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