Das vergiftete Sandwich

Das vergiftete Sandwich

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In jedem Führungsseminar lernen wir es: ein negatives Feedback muss nach der Sandwich-Methode in zwei positive verpackt werden, damit es der Mitarbeiter leichter schluckt. Das hat in der Form zu passieren:

  1. Lob für ein bestimmtes Verhalten in letzter Zeit
  2. Tadel
  3. Allgemeiner Lob

Aber was passiert? Gebe ich einem Mitarbeiter ein positives Feedback, wartet er auf den Tadel. Ein Lob wird also gar nicht gehört, weil sich der Mitarbeiter schon krampfhaft überlegt, was er denn falsch gemacht haben könnte und sich schon einmal eine Verteidigungsstrategie zurecht legt. Also, das „Sandwich“ ist vergiftet, und schlimmer noch, es vergiftet jedes positive Feedback.

Wie geht es besser?

Überlegen Sie sich einmal, wie Sie gerne hören möchten, wenn Ihr Chef nicht mit Ihrer Leistung einverstanden wäre. Eins ist klar: man kann einen Dolch noch so dick in Watte packen, er verletzt trotzdem. Wir sind nun einmal darauf getrimmt, das Negative sofort herauszuhören, das Positive wird meist überhört. Denn das Negative ist gefährlich, er kann Konsequenzen nach sich ziehen. Positives dagegen hat meist keine Auswirkungen.

Wollen Sie also, dass Ihr positives Feedback gehört wird – und natürlich wollen Sie das, denn sonst hätten Sie ja geschwiegen – dann vermischen Sie es nicht mit negativem. Loben Sie, ohne Ihr Lob abzuschwächen. Die Sandwich-Methode ist kontraproduktiv.

Was geht gar nicht?

Versuchen Sie niemals, den Menschen zu ändern – Sie haben keinen Erziehungsauftrag. Also loben und tadeln Sie auch nicht ihn selbst, sondern sein Verhalten. Sagen Sie also: „Ich sehe, dass Ihr Schreibtisch in der letzten Woche nicht aufgeräumt war, wenn Sie nach Hause gegangen sind.“ Sagen Sie nicht: „Sie sind unordentlich!“, oder gar: „Sie sind ein Schlamper!“

Stauchen Sie Ihren Mitarbeiter auch nicht zusammen. Wer seine Mitarbeiter klein macht, wird davon auch nicht größer. Wenn Sie Ihren Mitarbeiter anschreien, zeigen Sie nur, wie hilflos Sie sind, und Sie machen ihn damit „hartmäulig“ – wie ein Pferd, das nicht mehr auf Zügelzug reagiert, weil zu oft und zu heftig an seinen Zügeln gerissen wurde.

Und bitte, Feedback geben und vor allem nehmen ist eine intime Sache, das geht nur im 4-Augen –Gespräch. Wenn die Situation verfahren ist, kann noch ein Moderator teilnehmen, aber das ist das letzte Mittel. Sie wollen Ihren Mitarbeiter schließlich nicht beschämen, sondern sein Verhalten ändern.

Bringen Sie Ihren Mitarbeiter auch nicht dazu, sich zu rechtfertigen. Sie wollen eine Lösung für eine unerfreuliche Situation erreichen und den Fehler in Zukunft vermeiden. Wenn Sie nicht beide nach einer Lösung suchen, sondern einer von beiden nur nach Rechtfertigungen, erreichen Sie keine von beiden akzeptierte Lösung.

Aber Sie brauchen sich auch nicht zu rechtfertigen. Als Vorgesetzter haben Sie das Recht und die Pflicht, sowohl positives als auch negatives Feedback zu geben. Vielleicht müssen Sie Ihren Mitarbeitern beibringen, wie Feedback zu nehmen ist, denn die meisten haben das nie gelernt – in der Schule nicht und im Elternhaus meist auch nicht.

Und wie geht negatives Feedback?

Mit negativem Feedback soll meist erreicht werden, dass der Mitarbeiter sein Verhalten ändert. Wenn Sie also negative Kritik von Ihrem Chef hören, hat das auch etwas Gutes: der Chef legt auf Ihre Mitarbeit wert, wenn auch in verbesserter Form.

Aber damit der Mitarbeiter das negative Feedback überhaupt versteht, und nicht nach den ersten Worten innerlich nur noch damit beschäftigt ist, Begründungen für sein Verhalten zu formulieren, muss es richtig formuliert und in richtiger Form vorgebracht werden.

  1. Sorgen Sie für ein ungestörtes Umfeld. Kein Feedback zwischen Tür und Angel.
  2. Kritisieren Sie nicht die Person, sondern ihr Verhalten.
  3. Schildern Sie Ihre Beobachtung, möglichst objektiv.
  4. Schildern Sie, welche Folgen des Verhaltens Sie befürchten.
  5. Hören Sie sich die Begründung des Mitarbeiters für sein Verhalten an. Vielleicht gab es gute Gründe dafür, möglicherweise in seinem privaten Umfeld. Eine unreflektierte Kritik hätte dann nur Porzellan zerschlagen. Lassen Sie aber keine Ausreden zu.
  6. Äußern Sie Ihren Wunsch, schildern Sie, wie Sie einen ähnlichen Vorfall in Zukunft gehandhabt sehen möchten. Allerdings: der Mitarbeiter darf diesem Wunsch widersprechen. Wenn Sie bei Widerspruch Ärger empfinden, war es kein Wunsch, sondern eine Forderung.
  7. Fragen Sie den Mitarbeiter, wie er das als negativ erkannte Verhalten in Zukunft vermeiden möchte und was ihm dabei helfen könnte. Das muss eine echte Frage sein, keine rhetorische. Sie sollten diesen Punkt auslassen, wenn das Fehlverhalten und dessen Vermeidung für beide klar auf der Hand liegt.
  8. Einigen Sie sich mit dem Mitarbeiter auf ein zukünftiges Vorgehen, nicht per Anweisung, sondern als Absprache.
  9. Und jetzt, aber erst jetzt, darf so etwas wie ein Lob von Ihnen kommen: Dass der Mitarbeiter einsichtig war und dass Sie überzeugt sind, dass er solche Fehler in Zukunft vermeiden können wird.

Fazit

Wenn Sie Feedback geben, zeigen Sie Ihrem Mitarbeiter, dass Sie sich für ihn interessieren. Ein Mitarbeiter, dessen Leistungen und Fehlleistungen nie bewertet werden, wird mit der Zeit zu der Auffassung kommen, dass seine Leistungen seinem Chef egal sind. Er wird sich zurückziehen, seine Leistungen werden nachlassen. Also trauen Sie sich, trainieren Sie, oft und gerne Feedback zu geben.

Aber lernen Sie auch, selbst Feedback zu nehmen, denn Sie sollten sich das Feedback Ihrer Mitarbeiter genau anhören. Sie können dabei Dinge über Sie selbst lernen und ganz nebenbei das eine oder andere Missverständnis frühzeitig aus der Welt schaffen.

Autor: Roland Scherer

Roland Scherer, Jahrgang 1951, Buchautor, systemischer Personal und Life-Coach. Ausbildung und Zertifizierung zum Psychologischen Berater und Coach. Sein Schwerpunk liegt auf lösungsfokussierte Gesprächsführung, systemisches Denken und Handeln und Aufstellungen. Er praktiziert seit Jahren im Rahmen der Begleitung seiner Klienten Systemische Aufstellungen, wobei er die Systemische Struktur-Aufstellung nach Insa Sparrer und Mathias Varga von Kibéd als besonders hilfreich erfahren hat.

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