Sie treten auf, wenn man es am wenigsten erwartet: Querulanten. Gerade bei Change-Projekten sind sie besonders lästig, denn sie stehlen anderswo dringend benötigte Zeit und können den Ruf des Projekts ruinieren. Sie rauben den letzten Nerv mit ihrer Hartnäckigkeit und Ehrpusseligkeit. Sie beschweren sich über Kleinigkeiten und gehen auf keinen Lösungsvorschlag ein.
Wer ist kein Querulant?
Erst einmal: Nicht jeder, der sich über eine Ungerechtigkeit beschwert, ist ein Querulant. Und nicht alles, was wir als Kleinigkeit ansehen, ist für den Beschwerdeführer auch unbedeutend. Manches sehen wir vielleicht falsch oder anders als der Beschwerdeführer. Ihn deshalb sofort als Querulant abzutun ist nicht zielführend und schadet letztlich dem Projekt.
Wenn eine Beschwerde kommt, die Sie als Querulanz ansehen, denken Sie bitte daran: Echte Querulanten sind selten. Sie kommen während eines großen Projekts höchstens ein oder zwei Mal vor. Versetzen Sie sich zuerst einmal in die Lage des Beschwerdeführers. Sie werden sehen, die meisten Einwände sind zumindest subjektiv berechtigt.
Allerdings, wenn der Beschwerdeführer auf keinerlei Kompromiss eingeht, wenn er auch geringste durch den Change-Prozess verursachte Unannehmlichkeiten nicht akzeptiert und wenn mit ihm kein Konsens zu erreichen ist, dann liegt vielleicht querulantes Verhalten vor.
Lassen Sie es erst gar nicht zur Querulanz kommen
Denken Sie immer daran: Jede Querulanz wird durch eine als echt empfundene Ungerechtigkeit ausgelöst, die meist auch objektiv nachvollziehbar ist. Der Beschwerdeführer hat Angst vor dem, was durch den Change auf ihn zukommen könnte und versucht sich vor Mehrarbeit zu schützen. Sie können einen querulanten Kleinkrieg oft verhindern, indem Sie auf die Beschwerde eingehen.
Vielleicht ist es ja wirklich etwas, was bei der Planung übersehen wurde. Dann können Sie dem Beschwerdeführer eigentlich nur dankbar sei. Drücken Sie Ihren Dank auch ihm gegenüber aus, bedauern Sie das Versehen und nennen Sie einen Termin für die Beseitigung der Schwierigkeit. Oder wenn eine Beseitigung nicht möglich ist, versuchen Sie, diese mit ihm zusammen aus der Welt zu schaffen, indem Sie mit ihm zusammen seine Wünsche herausarbeiten und soweit wie möglich erfüllen. Das ist zeitsparender und produktiver, als die Beschwerde mit der Bemerkung: „Ein bisschen Schwund ist immer!“ einfach niederzubügeln. Dann nämlich dürfen Sie sich nicht wundern, wenn er kurzsichtig und stur auf seiner Beschwerde besteht und auf Dauer zum Querulanten wird. Er wird in der ganzen Firma gegen das Projekt stänkern und kann, je nachdem wie gut er vernetzt ist, es sogar zu Fall bringen.
Und wer ist ein Querulant?
Sie kennen den Typ des Querulanten bestimmt aus der Literatur: „Michael Kohlhaas“ von Heinrich v. Kleist:
Der Pferdehändler Kohlhaas zettelt wegen zweier Pferde, die ihm ein Adeliger zuschanden geritten hat, einen Aufstand an und wird schließlich wegen Landfriedensbruch hingerichtet.
In der Novelle sind alle Merkmale der Querulanz vorhanden: Das erlittene Unrecht, die sich in ihrer Heftigkeit steigernden Beschwerden, die schließlich zu einem Verhalten führen, das rücksichtslos vielen anderen und sogar dem Querulanten selbst schadet. Er ist gefangen in einem Drang nach Gerechtigkeit, einem Wahn, der zu einer sich immer schneller drehenden Spirale der Gewalt führt.
Querulanten, mit denen Sie zu tun haben, werden zwar keinen Aufstand anzetteln und auch niemanden töten, aber sie werden wegen des vermeintlich oder tatsächlich erlittenen Unrechts nicht locker lassen und denen, die sie dafür verantwortlich halten, das Leben zur Hölle machen, auch wenn sie sich dadurch selbst schaden.
Was tun gegen Querulanten?
Wie gesagt, am besten ist es, die Beschwerde ernst zu nehmen und so den Grund für die Querulanz aus der Welt zu schaffen. Prüfen Sie ernsthaft das Anliegen des Beschwerdeführers und versuchen Sie zu ergründen, was er wirklich will. So können Sie ihn hoffentlich ins Boot holen.
Wenn Sie glauben, zum Opfer eines Querulanten geworden zu sein, dann halten Sie eine eherne Regel ein: Bleiben Sie sachlich! Nennen Sie den Querulanten nie, wirklich nie „Querulant“!
So schwer es auch fällt, gehen Sie wertschätzend auf ihn ein, denn nur so können Sie sein geringes Selbstwertgefühl soweit stärken, dass er von einer Eskalation möglicherweise ablässt. Halten Sie die Besprechungen möglichst kurz und führen Sie sie aktiv. Das bedeutet, dass Sie nachfragen („Verstehe ich Sie richtig, dass …“) und sich nicht auf Vermutungen verlassen („Das weiß doch jeder, das wird er auch so gemeint haben!“). Bringen Sie Verständnis für sein Anliegen vor, aber rechtfertigen Sie sich nicht. Und vor allem, halten Sie die Besprechungen kurz, es liegt im Wesen eines Querulanten, seine Meinung umfangreich auszubreiten.
Wenn sich der Querulant so nicht von seinem wahnhaften Verhalten abbringen lässt, führen Sie die Konversation nur noch schriftlich per E-Mail, was mündlich besprochen war, wird ihm in einer kurzen E-Mail zugesendet. Wesentlich ist auch, dass mindestens ein zweiter Projektmitarbeiter über den Vorgang und die getroffenen Maßnahmen Bescheid weiß und Ihr Vorgehen nachvollziehen kann.
Kommt es zu Grenzüberschreitungen, brechen Sie das Gespräch sofort ab und führen Sie nur noch Gespräche mit dem Querulanten, wenn ein Zeuge dabei ist.
Und vergessen Sie nicht, den Vorgang zu eskalieren. Der Querulant wird E-Mails sowieso mit dem Großen Hausverteiler schreiben, da ist es besser, wenn Ihre Vorgesetzten und Auftraggeber bereits von Ihnen informiert sind und die E-Mails einschätzen können.
Fazit
Um das Ganze noch einmal zusammenzufassen:
- Beschwerden möglichst deeskalieren!
- Durch aktives Zuhören und Wertschätzung versuchen, den Querulanten ins Boot zu holen.
- Den Vorgang schriftlich führen.
- Eine zweite Person einweihen.
- Wenn nötig, den Vorgang eskalieren.