Klar, Angst im Beruf kennen wir nicht
… höchstens Herausforderungen und Risiken und vielleicht Unsicherheiten. Trotzdem ist es interessant zu sehen, wann – natürlich immer von Anderen – Risiken aufgrund von Angst im Beruf über- oder unterschätzt wird.
Menschen haben viel mehr Angst vor Unsicherheit als vor einem konkret bekannten Schaden. Zu wissen, dass ein Ereignis selten ist, hilft nicht gegen die Furcht, Opfer zu werden. Wir hören immer wieder von Dingen, die eigentlich sehr unwahrscheinlich sind. Das bestärkt uns in dem Glauben, dass das Unwahrscheinliche vielleicht doch nicht so selten ist. Es hilft, wenn wir uns die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefahr kognitiv vor Augen führen. Beim Fliegen funktioniert das meistens: Wir haben ein mulmiges Gefühl, wenn wir in einen Flieger steigen, machen uns aber klar, dass Fliegen sicherer ist als Autofahren. Nur wer weiß, warum er Angst hat, kann gelassener werden. Wichtig ist es also, die Unsicherheit zu reduzieren.
Wenn wir eine Gefahr nicht kennen, wissen wir nicht, wie wir reagieren sollen. Sollen wir uns totstellen, kämpfen, flüchten? Erst wenn wir die Gefahr ganz konkret vor uns sehen, können wir uns für eines der Verhaltensmuster entscheiden. Sprechen Sie also die Ängste Ihrer Mitarbeiter (und der Stakeholder) an und schildern Sie Konsequenzen und Gegenmaßnahmen. Es muss nicht jedes Detail einer möglichen Gefahr ausgebreitet werden. Aber versuchen Sie nicht, Gefahren herunterzuspielen oder gar zu verschweigen, das verunsichert noch mehr. Und denken Sie daran Entwarnung zu geben, wenn eine Gefahr nicht mehr besteht.
Wir sollten ein paar Punkte kennen, die Risikoforscher über die Angst herausgefunden haben
- Angst ist wichtig. Sie warnt uns vor Gefahren und hilft uns, zu überleben.
- Angst ist eine Typfrage. Jeder hat vor anderen echten oder eingebildeten Bedrohungen in unterschiedlichem Maße Angst.
- Angst ist ernst zu nehmen. Auch wenn die Bedrohung Ihnen lächerlich erscheint, für denjenigen, der Angst hat, ist sie ganz real. Es hilft ihm nichts, darüber hinweg zu gehen.
- Angst kommt in Wellen. Denn Angst ist am stärksten, wenn eine neue Gefahr auftritt, mit der wir noch nicht gelernt haben, zu leben. Und da Angst ansteckend ist, breitet sie sich schnell aus. Also müssen Sie als Vorgesetzter neue Ängste schnell erkennen und ansprechen. Denn noch einmal: Angst wächst, wenn sie verschwiegen wird.
- Angst bekommen auch die, die nicht betroffen sind. Vor allem, wenn alle Gerüchte über sie verbreiten. Auch hier helfen wieder Fakten aus berufenem Munde.
- Je mehr Menschen durch eine Bedrohung betroffen sein könnten, umso größer ist die Angst. Aber es kommt auch auf die persönliche Situation eines Menschen an. Ein Mitarbeiter mit Familie, der Mitte Vierzig ist und noch ein Haus abzahlen muss, hat verständlicherweise mehr Angst vor sozialem Abstieg als ein junger Junggeselle mit finanziellem Polster.
Die Angst der Chefs
Nicht nur Ihre Mitarbeiter haben vielleicht Grund Angst im Beruf zu haben, sondern auch Ihre Vorgesetzten. Der Auftraggeber eines Projektes ist vielleicht ein hohes Risiko eingegangen, als er das Projekt gestartet und Sie mit der Ausführung betraut hat. Auch seine Unsicherheiten sollten erkannt und ernst genommen werden. Informieren Sie ihn, sprechen Sie Gefahren und die Gegenmaßnahmen, die Sie ergriffen haben, an. Versuchen Sie nichts zu vertuschen, denn wie hieß es schon bei Preußens: „Melden macht frei!“
Und auch noch ganz wichtig
Geben Sie Ihre eigenen Unsicherheiten mindesten sich selbst gegenüber zu. Behandeln Sie sich selbst nicht schlechter als Ihre Mitarbeiter.
Darf ich Sie auf Ihrem Weg zum Umgehen mit der Angst im Beruf begleiten?
PS: Ich habe hier zwischen Angst und Furcht keinen Unterschied gemacht, sondern beides Angst genannt. In der Psychologie gibt es für beide Begriffe unterschiedliche Definitionen, sie werden klar voneinander unterschieden, nicht aber in unserer Alltagssprache.