Inzwischen ist es fast normal, dass auch in deutschen Firmen bei Besprechungen englisch geredet wird. Während wir versuchen, uns englisch mehr oder weniger gut zu verständigen, käme zum Beispiel ein Amerikaner nie auf die Idee, deutsch zu lernen, auch wenn er einige Zeit in Deutschland verbringt. Und selbst wenn er sich bemüht, gibt es immer noch genügend deutsche Kollegen, die ihm vorauseilend auf englisch antworten, wahrscheinlich um zu beweisen, wie polyglott sie sind. Wir werden also versuchen, uns auf englisch zu verständigen, auch wenn unser Englisch „quite good“ (also ziemlich schlecht) ist, und so dem englischen Muttersprachler freiwillig einen erheblichen Vorteil in einer Verhandlung einräumen.
Aber eigentlich ist das doch nicht schlimm, lernen wir doch einfach besser englisch und alle sind zufrieden, oder?
So einfach ist es leider nicht. Wir haben in der Familie die deutsche Sprache gelernt, in einem hochgradig gefühlsbetonten Kontext. Englisch dagegen in einer Schulumgebung, in der Emotionen kaum eine Rolle spielen. Man lernt die fremde Sprache in einer rein sachlichen Umgebung. Deshalb fällt es uns schwer, emotionale Themen in einer Sprache auszudrücken, die nicht unsere Muttersprache ist. Schon das Wort „Muttersprache“ weist ja auf diese Tatsache hin. Und wir mögen noch so gut englisch können, alle Nebenbedeutungen, die ein Wort hat, haben wir meist doch nicht parat. Und so ist der Schritt vom eloquenten Satz zum Fettnapf manchmal sehr klein.
Auch in deutschen Vorträgen werden ja inzwischen viele schicke Anglizismen verwendet, oft, um die beliebten „Bullshit“-Worte teurer klingen zu lassen. Bitten Sie versuchsweise um eine Übersetzung! Tun Sie das bitte nicht, wenn Sie mit Ihrem Gegenüber weiterhin gut auskommen wollen, die meisten werden sich blamieren. Manchmal sind Übersetzungen allerdings auch sehr erhellend, ich denke da z.B. an „Human Ressources“ = „Menschenmaterial“, ein Begriff, von dem man gehofft hat, er sei vor siebzig Jahren ausgestorben.
Wir können also in englisch (und auch in anderen Fremdsprachen) unsere Emotionen nicht so gut ausdrücken. Es ist nun aber wie bei einem mit Botox stillgelegten Gesicht: wenn der Mensch die Emotion nicht ausdrücken kann, kann er sie auch nicht empfinden. Und so hat man festgestellt, dass deutsche Muttersprachler, die gezwungen waren, ein Problem auf englisch zu durchdringen und in dieser Sprache auch eine Lösung zu finden, vorzugsweise eine Lösung gefunden haben, die auf Emotionen und Menschen keine Rücksicht nimmt. Die Sprache beeinflusst also unser Denken!
Dazu kommt, dass sich bestimmte Dinge im Englischen gar nicht so wie im Deutschen ausdrücken lassen, sie haben unterschiedliche Bedeutungen:
I love you | I love it | Human Trust |
Ich liebe Dich Ich mag Dich Ich habe Dich gern Ich habe Dich lieb |
Ich liebe es Ich mag es Ich finde es toll Ich finde es schön |
Vertrauen in Menschen Einem Menschen Vertrauen schenken Menschliche Stiftung Menschliches Vertrauen |
Wir haben uns daran gewöhnt, dass falsch übersetzt wird. Sie brauchen sich nur einmal die beliebten Fernsehserien anschauen oder die Reklame einer Fastfood-Kette: „Ich liebe es!“, was falsch oder zumindest ungenau übersetztes Amerikanisch ist. Vielen fällt das inzwischen gar nicht mehr auf, denn auch der deutsche Satz „Ich liebe es!“ wird inzwischen inflationär benutzt. Und in der letzten Spalte sehen Sie ein Beispiel, das den folgenden Satz untermauert:
Wenn etwas für ein deutsches Zielpublikum auf englisch gesagt wird, dann vermutlich deshalb, weil die deutsche Sprache zu präzise ist.
Überlegen Sie also beim nächsten Mal bitte, ob eine Besprechung wirklich auf englisch abgehalten werden muss oder ob Sie Ihren Vortrag wirklich englisch radebrechend halten müssen. Und überprüfen Sie auch, ob einige der Zusammenhänge, die Sie gewohnheitsmäßig mit Anglizismen ausdrücken, besser und treffender durch deutsche Wörter dargestellt werden. Ich weiß, damit verlieren Sie einiges an schickem und internationalem Auftritt, aber Sie gewinnen dadurch vielleicht ein gutes Stück Verständlichkeit. Und wenn Sie in einem Vortrag englische Worte benutzen müssen, gehen Sie bitte nicht davon aus, dass alle sie verstehen. Machen Sie sich also die Mühe, sie zu erklären. Die Erleichterung, die Sie in den Gesichtern Ihrer Zuhörer erkennen können, wird es Ihnen danken. Denn es wird sich keiner trauen, Sie nach der Bedeutung der englischen Begriffe zu fragen.