Deutschland ist Export-Weltmeister. Zum Teil aufgrund der Qualität der Produkte, die den Ruf des „Made in Germany“ erfüllen. Zum Teil auch weil sie günstig sind, auf Kosten der Beschäftigten – nie war die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland so groß, mit wachsender Tendenz
Die internationale Zusammenarbeit verlangt auch, dass wir den Unterschied der Kulturen beachten. Wer das nicht tut, zerschlägt Porzellan, das sich nicht so leicht – wenn überhaupt – kitten lässt. In ihrem Buch „Lokales Denken, globales Handeln“ haben Geert und Gert Jan Hofstede mit Michael Minkov die Ergebnisse empirischer interkultureller Forschung zusammengefasst.
Die Kulturdimensionen
Sie gehen dabei von sechs „Kulturdimensionen“ aus, die eine Kultur beschreiben. Diese ähneln den „Big Five“, fünf Eigenschaftsdimensionen, die einzelne Menschen charakterisieren. Solche Beschreibungen in einer begrenzten Anzahl von Dimensionen sind naturgemäß immer vereinfachte Darstellungen. Trotzdem sind sie hilfreich, wenn die Beschreibung dadurch hinreichend genau und vor allem messbar wird. Genauere Beschreibungen müssten mehr Dimensionen berücksichtigen, diese werden bewusst vernachlässigt, weil sie in diesem Zusammenhang eine geringere Rolle spielen.
Die beschriebenen Kulturdimensionen sind für die geschäftliche Zusammenarbeit hinreichend hilfreich, um Marketingmaßnahmen planen und vor allem das Miteinander der Mitarbeiter beschreiben zu können, fehlen einige. Mir fallen da auf die Schnelle das Verhältnis zu den Vorfahren, die Religiosität, Ernährungs- und Trinkgewohnheiten, das Verhältnis zur Umwelt und die kulturell unterschiedliche Körperdistanz ein. Diese Dimensionen zu vernachlässigen ist sicher eine Schwäche des Modells, denn schließlich müssen sich einzelne Personen untereinander verstehen, deren Miteinander bestimmt schließlich das Miteinander größerer Systeme. Die sechs Kulturdimensionen beschreiben nur, wie diese größeren Systeme, also Staaten, Firmen oder Abteilungen miteinander klar kommen können, ohne Animositäten einzelner Menschen aufgrund kultureller Unterschiede zu berücksichtigen.
Die von Hofstede et al. beschriebenen sechs Kulturdimensionen werden im Folgenden beschrieben.
Hohe/niedrige Machtdistanz
Ein partizipativer Führungsstil, also eine niedrige Machtdistanz, verlangt von einem Vorgesetzten, Mitarbeiter an Entscheidungen zu beteiligen. Entscheidungen Vorgesetzter werden infrage gestellt. Bei hoher Machtdistanz würde ein solcher Führungsstil als „schwach“ und negativ angesehen.
Beispiel: Russland / Skandinavien
Individualismus / Kollektivismus
Hier geht es darum, ob eher das „Ich“ oder das „Wir“ als Grundlage der Zusammenarbeit dient. Die Art der Zusammenarbeit muss bei Instruktionen, Aufgabenstellungen und dem Feedback berücksichtigt werden, aber auch bei Beurteilungssystemen und der Beurteilung.
Beispiel: Deutschland / China
Maskulinität / Femininität
Diese Dimension beschreibt, welche Eigenschaften und Aufgaben Männern und Frauen zugewiesen wird. In eher feminin geprägten Gesellschaften wird akzeptiert und gutgeheißen, dass Männer wie Frauen sowohl männliche als auch weibliche Eigenschaften haben und Aufgaben erfüllen.
Beispiel: angelsächsische Länder / Skandinavien
Unsicherheitsvermeidung / -akzeptanz
Unwägbarkeiten und chaotisches Verhalten der Systeme werden in unsicherheitsvermeidenden Kulturen weniger akzeptiert und durch akribische Analysen, Planungen und Regeln zu vermeiden versucht. Bei unsicherheitsakzeptierenden Kulturen werden Probleme eher mit der „Try-and-Error“-Methode angegangen, Fehler werden eher verziehen.
Beispiel: Deutschland / USA
Langzeit- / Kurzzeitorientierung
Diese Kulturdimension beschreibt den Zeithorizont, der das Handeln bestimmt. Sie wird eher von der Rechtsform der Firma als von kulturellen Unterschieden bestimmt. Die Konzentration auf Shareholder Value oder auf eigentümergeführte Nachhaltigkeit bestimmen das Handeln. Auch das Belohnungssystem für den einzelnen Mitarbeiter hängt davon ab. Von daher kommt es bei Firmen, die an die Börse gehen, zu Unsicherheiten und Konflikten, die zu einer hohen Fluktuation und einer verminderten Produktivität führen. Die dadurch entstehenden Kosten sind bei dieser Maßnahme zu berücksichtigen.
Beispiel: unternehmergeführte / Aktiengesellschaft
Mehr / weniger Hedonismus
Eine Gesellschaft mit einer hedonistischen Kultur ist genussorientiert, mit einem offenen Freizeitverhalten, einer offenen Sexualität, optimistisch und bunt. Andere Gesellschaften werden als verklemmt gesehen.
Eine weniger hedonistische Gesellschaft ist lustfeindlich, eher pessimistisch, mit geregelter Freizeit (Familie, Religion), weniger locker. Andere Gesellschaften werden als wenig seriös angesehen.
Beispiel: Deutschland / arabische Länder
Fazit
Zu jeder Kultur kann der betrachteten Dimensionen einen Wert zugewiesen werden, z.B. von o bis 10. So dass man schließlich sechs Werte, die die Kultur eines Landes oder einer Firma in diesem Koordinatensystem verorten.
Die Kulturdimensionen beschreiben natürlich gewisse Stereotypen. Sie sind keinesfalls vollständig und versuchen auch nur die Mehrzahl der Mitglieder einer Kultur zu charakterisieren, wohl wissend, dass individuelle Unterschiede groß sein können.
Trotzdem, haben Sie es mit einer fremden Kultur zu tun, sollten Sie diese, aber auch sich selbst in diesem Koordinatensystem verorten. Das ermöglicht Ihnen, Unterschiede zu bemerken, um nicht von vorne herein ins offene Messer zu laufen. Fremde Kulturen sind zwar anstrengend, nichtsdestoweniger spannend und erweitern den Horizont. Wenn Sie auf die Feinheiten achten, finden Sie fremde Kulturen nicht nur in anderen Ländern, sondern auch in anderen Firmen, anderen Niederlassungen der gleichen Firma oder anderen Bundesländern.