Frauen im Team

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Frauen im TeamNein, ich fange keine neue Diskussion über die „Gläserne Decke“ an. Und nein, ich glaube nicht, dass es eine Verschwörung der Männer gegen die Frauen gibt. Und noch mal nein, Frauen sind nicht deshalb besser, weil sie Frauen sind. Frauen sind Menschen, genau wie Männer, mit tollen Begabungen, mit bahnbrechenden Ideen, mit blinden Flecken und himmelschreienden Fehlern.

Frauen sind also nicht besser oder schlechter – nur anders. Und das liegt nur zum Teil an der Gesellschaft, das hat viel mit der Biologie der Geschlechter zu tun. Und vergessen wir nicht, auch innerhalb des gleichen Geschlechts gibt es gewaltige Unterschiede, und wenn wir die genauer betrachten, dann relativiert sich der Unterschied zwischen Männern und Frauen.

Nun haben wir gelernt, dass eine Gruppe von Menschen, die eine Aufgabe lösen soll – also zum Beispiel ein Projektteam – möglichst heterogen zusammengesetzt sein sollte. So hat es die meisten Ideen und findet die pfiffigsten Lösungen. Warum haben dann viele Männer ein unbehagliches Gefühl, wenn sie Frauen als Mitarbeiter oder gar als Vorgesetzte haben? Sie sollten sich doch über die andere Sichtweise und die Anregungen freuen. Und warum müssen sie unbedingt nach Fehlern der Projektleiterin suchen, viel akribischer als sie es bei einem Mann tun würden?

Ich behaupte: aus Angst. Ich höre schon die Proteste der Männer, das Wort „Nestbeschmutzer“ liegt in der Luft, und auch „Verräter“ wird, wenn vielleicht nicht gerufen, so doch gedacht. Aber ich bin der Meinung, Männer haben wirklich zwei ernsthafte Gründe, unsicher zu sein.

Weiblich/Männlich – zwei Fremdsprachen

Männer verstehen die Sprache der Frauen nicht. Ich weiß, die Wörter und die Grammatik sind gleich, aber die Bedeutung der Sätze ist unterschiedlich. Und gerade weil die Wörter gut verstanden werden, ist die unterschiedliche Bedeutung umso tückischer: Jede/r denkt, sie/er würde die/den andere/n verstehen.

Denken Sie an eine typische Szene einer Ehe:

Frau: „Der Mülleimer ist voll!“
Mann grunzt zustimmend, denkt: ‚Sie hat völlig recht, der Mülleimer ist voll, er müffelt sogar.‘
… es vergeht einige Zeit …
Frau, giftig: „Du könntest auch mal was tun, wenn ich Dich schon bitte, den Mülleimer runterzubringen!“
Mann: ???? ‚Wann hat sie mich gebeten, den Mülleimer runterzubringen?‘

Oder ein Beispiel aus dem Beruf:

Chef: „Frau Müller, bitte denken Sie daran, den Wochenbericht pünktlich abzugeben!“
Frau Müller: ist beleidigt, denkt: ‚Ich bin pünktlich! Der braucht mich nicht so anzufahren! Der soll sich lieber um den Maier kümmern, der ist immer zu spät dran!‘
Frau Müller, mit „besonderer“ Betonung: „Ja natürlich!“
Chef: merkt nichts, grunzt zustimmend und geht weiter.

Im ersten Beispiel hat eine Frau eine Tatsache geschildert, aber eigentlich Hilfe von Ihrem Mann erwartet. Die Bedeutung hinter ihrer Aussage war nämlich: „Bring bitte den Mülleimer herunter!“, nur ihrer Meinung nach höflich ausgedrückt. Der Mann hat das aber nicht verstanden, denn Männer nehmen Aussagen wörtlich, mit der zweiten Bedeutung fangen sie nichts an. Der Krach ist also vorprogrammiert.

Im zweiten Beispiel hat ein Mann eine klare Anweisung gegeben, für einen anderen Mann wäre das völlig in Ordnung gewesen. Die Frau, gewohnt, die zweite Bedeutungen hinter einer Aussage zu suchen, hat verstanden: „Du bringst den Wochenbericht nie pünktlich, streng Dich wenigstens diesmal an!“ Das war gar nicht gemeint. Es sollte nur eine Hilfe vom Chef sein, weil der gemerkt hat, dass sie gerade viel zu tun hat und den Wochenbericht vergessen könnte. Ihr giftiges „Ja, natürlich!“ hat der Chef wiederum wörtlich genommen, ohne die nonverbalen Signale: „Unverschämtheit! Das tu ich doch immer!“ zu verstehen. Frau Müller ist beleidigt, der Chef weiß nicht, warum.

Wenn man mit jemandem spricht, dessen Sprache man nicht richtig versteht, erzeugt das Stress, Unsicherheit und sogar Angst. Man fühlt sich, als würde man über ein Minenfeld laufen. Man weiß nicht, wann und vor allem bei welcher Gelegenheit eine Mine hochgeht, man versteht noch nicht einmal, warum sie einem um die Ohren fliegt. Deshalb sind interkulturelle Verhandlungen so schwierig, auch wenn beide Seiten scheinbar die gleiche Sprache sprechen.

Das Trauma der Kindheit

Jungs erleben, dass sie von Frauen erzogen zu werden, und zwar fast ausschließlich von Frauen. Männer sind bei der Kindererziehung in den ersten prägenden Jahren meist abwesend. Mutter, Erzieherin im Kindergarten, Lehrerin in der Grundschule – alle sind weiblich. Werner Dopfer hat das „Mama-Trauma“ genannt, und ich denke, der Ausdruck trifft die Sache.

Dann endlich, im Beruf, denkt der inzwischen erwachsene Junge, er sei der „Weiberherrschaft“ entronnen, und dann tritt ihm wieder eine Frau gegenüber. Da ist dann die Gefahr der Übertragung groß, besonders, wenn die Frau Vorgesetzte ist. Er verwechselt dann unbewusst die Frau mit seiner Mutter und wehrt sich, wiederum völlig unbewusst, gegen ihren berechtigten Anspruch der Einflussnahme. Denn in dieser Situation ist es für ihn sehr schwer, gleichberechtigt aufzutreten. Er reagiert als trotziges Kind oder versucht „herrlich“ zu sein. Und so kommt es zu Intrigen und Fehlerintoleranz gegenüber der Frau.

Und auch die Frauen wehren sich dagegen, die allwissende Mama zu spielen. Sie sind es nicht und wollen es auch nicht sein.

Wie gesagt, das Ganze läuft völlig unbewusst ab, und deshalb verstehen die Beteiligten oft auch nicht, was passiert. Und was man nicht versteht, kann man auch nicht auflösen. Missverständnisse bleiben und stehen zwischen den Geschlechtern. Männer weichen dann oft aus – um die Frau nicht als Mama betrachten zu müssen, behandeln sie sie als Sexualpartner. Sie machen die Frauen an, versuchen zu flirten oder noch schlimmer, grabschen. Sie einfach als andere Menschen zu betrachten, dagegen steht die ganze Wucht der Erziehung und der frühkindlichen Erfahrung, die bis ins hohe Alter wirkt – übrigens auch bei Frauen, die suchen dann im Chef ihren Papa, der in der Kindheit nicht da war.

Tipps, wie man(n) trotzdem klar kommt

Die Geschlechter können trotzdem im Berufsleben miteinander auskommen. Was die Frauen dazu tun können, will ich hier nicht diskutieren, das sollen Frauen diskutieren und entscheiden. Männer aber sollten sich darüber klar werden, was ihr Unterbewusstes mit ihnen macht, wenn sie einer Frau gegenübertreten. Und sie sollten, wenn schon Männern in ihrer Erziehung gefehlt haben, sich klar machen, was ihr Männer- und Frauenbild ist. Woher kommt es, ist es wirklich angemessen oder nur Ausdruck eines Mangels in der Kindheit (siehe auch: “Und wer begleitet Sie in die Arbeit?“).

Ich war lange Jahre in dem Bereich, in dem ich gearbeitet habe, der einzige, der überwiegend Frauen als Mitarbeiter hatte. Ich bilde mir ein, das hat ganz gut geklappt. Jedenfalls habe ich nichts Gegenteiliges gehört („Nicht geschimpft ist genug gelobt!“, wie man in Deutschland sagt.) Es gab natürlich zu verschiedenen Gelegenheiten Probleme, aber nicht mehr als mit Männern. Die Zusammenarbeit hat nach meiner Überzeugung nur deshalb geklappt, weil ich mir Gedanken über Männer und Frauen, vor allem über meine eigene Männlichkeit, gemacht habe. Genaues Beobachten, fleißiges Lesen einschlägiger Bücher und Offenheit haben mir dabei geholfen. Und eine glückliche Ehe mit einer diskussions- und streitfreudigen Frau.

Autor: Roland Scherer

Roland Scherer, Jahrgang 1951, Buchautor, systemischer Personal und Life-Coach. Ausbildung und Zertifizierung zum Psychologischen Berater und Coach. Sein Schwerpunk liegt auf lösungsfokussierte Gesprächsführung, systemisches Denken und Handeln und Aufstellungen. Er praktiziert seit Jahren im Rahmen der Begleitung seiner Klienten Systemische Aufstellungen, wobei er die Systemische Struktur-Aufstellung nach Insa Sparrer und Mathias Varga von Kibéd als besonders hilfreich erfahren hat.

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